Offener Brief einer Kinderärztin

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Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel, 
sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten,
sehr geehrter Herr Prof. Lauterbach, 

dies ist ein Brief, den ich aus großer Verzweiflung und Hilflosigkeit heraus schreibe, mitten in der Nacht. Bitte verzeihen Sie, dass ich nicht alle E-mail-Adressen von allen MP dieser Republik gefunden habe, aber selbstverständlich sind die MinisterpräsidentInnen jedes einzelnen Bundeslandes damit auch angesprochen und gemeint.
Es spielt gar keine Rolle, welcher Parteil Sie jeweils angehören – zum Glück ist noch niemand aus der AfD in solcher Verantwortung und muss daher hier keine Erwähnung finden – aber Sie alle haben eine große Verantwortung für die Bundesrepublik Deutschland und Ihre jeweiligen Bundesländer. 

Ich bin niedergelassene Kinderärztin, seit 12 Jahren, und seit dem Frühjahr lese ich alles, was so über das Coronavirus SARS Cov2 zu lesen ist, internationale Studienergebnisse, ect. Und bringe all das mit meiner jahrelangen eigenen medizinischen Erfahrung überein. Bereits früh im Jahr habe ich mich sehr gewundert über die allzu früh getroffenenen Aussagen, „dieses Coronavirus spiele bei Kindern keine so große Rolle“ , oder „die Übertragung in Kindergärten und Schulen sei nicht relevant“, bis hin zu der immer noch gemachten Aussage „die Schulen seien nicht das Problem, sie müssten unter allen Umständen geöffnet bleiben“. 

Ich glaube Ihnen, dass Sie, parteiübergreifend, das Beste für unser gemeinsames Land und seine Bürger wollen. Sie haben sich beraten lassen von vielen Wissenschaftlern, einige von Ihnen sind auch Mediziner oder Naturwissenschaftler. (Ich verzichte der Einfach halber auf eine korrekte Genderbezeichnung, es sind natürlich alle Geschlechter gemeint).

Eine Kinderärztin, die an der Basis arbeitet, nämlich in ihrer Praxis, die auch noch zwei eigene Kinder hat (eines erfolgreich großgezogen zu einem eigenständigen jungen Mann, eines noch in der 5. Klasse) und Mutter ist, war mir schnell klar: Dieses Coronavirus tobt sich, wie alle anderen respiratorischen Viren auch, genauso bzw. besonders gern, in Kitas und Schulen aus und wird sich dort verbreiten! Ich habe NICHT verstanden, warum mein Berufsverband der Kinder- und Jugendmediziner (BVKJ) allzu früh und sogar noch immer behauptet, Kinder seien für die Ansteckung nicht so relevant, besonders jüngere Kinder nicht. Die Daten für diese Behauptung stammten aus einer Zeit des quasi-Lockdowns und einer Zeit massiver Kontakt-Beschränkung. Und Kinder wurden – und werden!! – sehr wenig getestet.  

Ich selbst habe bei einer Studie mitgewirkt, welche das Helmholtz-Institut zusammen mit der Universität Regensburg im Frühsommer bei 1200 Kindern bis 15 Jahren in Südostbayern durchgeführt hat (vornehmlich in Regionen, in denen im Frühjahr besonders viele Corona-Infektionen aufgetreten waren). Viele fleißige Kinderärzte haben diesen Kindern Blut abgenommen, und es wurden die Covid19-Antikörper bestimmt. In der Zeit von Mai bis Anfang Juli. Das Ergebnis zeigt nun, dass 6 x mehr Kinder Antikörper haben, als die Positivrate damals es hätte vermuten lassen. 6 x mal mehr Kinder hatten also eine Covid19-Infektion durchgemacht als gedacht, und die allermeisten Kinder zeigten KEINE bzw. nur milde Verlaufssymptome. Alle diese Kinder waren jedoch einmal ansteckend, das ist klar. 
Mich hat das nicht erstaunt – sind doch Kinder schon seit jeher Infektionstreiber für respiratorische Viren gewesen! 

Gottseidank wurde im Frühjahr dann die Wichtigkeit und Wirkung einer Mund-Nasen-Bedeckung erkannt und eine Maskenpflicht eingeführt, unterschiedlich in der Konsequenz, aber immerhin: Die allermeisten Bürger haben das verstanden und tragen Maske. In Geschäften, beim Frisör, als Lehrer, als Arzt, ect.  

Leider haben einige Unternehmen ihre Chance gesehen und sogenannte Plastik-Faceshields angepriesen, welche das Gesicht sichtbar machte, und natürlich atmete es sich viel leichter. Schließlich wird da ja auch die Atemluft gar nicht gefiltert, sondern ungefiltert an die Umgebung abgegeben. Und aus ihr auch ungefiltert wieder eingeatmet. 
Die Schutzwirkung dieser Gesichtsschilder ist also fast gleich null, denn die Coronaviren werden über winzigste Aerosole (<100 Mikrometer) verbreitet. Die fliegen wie Zigarettenrauch durch den Raum – übrigens auch viel weiter als 1,5 m, in Innenräumen können sie sich mit der Zeit gleichmäßig verteilen. Die Schutzwirkung von MNB besteht ja gerade darin, dass die Ein- und Ausatemluft durch eine textile Schicht gefiltert wird. Aerosole bleiben daran hängen! 

Eine findige Firma in Murnau/Oberbayern hat eine Plastikmaske kreiert, die unten weit offen ist, also genauso unwirksam wie andere Faceshields. Allerdings hat sie ein sehr cleveres Marketing und offenbar gute Beziehung zur Bayerischen Landesregierung: Diese MNB namens „smile-by-eGo“ erhielt vom Bayerischen Gesundheitsministerium am 23. Juli 2020 grünes Licht für den Einsatz in der Gastronomie sowie auch in den Schulen und Kitas, wo es doch besonders wichtig sei, so das Schreiben des Ministeriums, dass man Mimik und Gesicht sehen könne. Obwohl diese „Maske“ genauso unwirksam war und keinerlei Filterwirkung hat, schien sie aufgrund der schlüssigen Selbst-Versuche des Herstellers den Verantwortlichen in Bayern geeignet für die Gastronomie und für Schulen und Kitas. Und so wurde sie fleißig produziert, es wurde expandiert, eine perfekte Homepage und online-Vermarktung betrieben. Zunächst stattete der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband etliche Hotels und Restaurants mit dieser „smile-by-eGo-Maske“ aus. Dann fand sie Einzug in die Schulen und Kitas. Im Oktober, als die allermeisten Bundesländer Herbstferien hatten, war besonders die Gastronomie in fast ganz Südostbayern mit „smile-by-eGo-Masken“ reichlich versorgt.  

Das Problem: Ein Superspreader kann in einem Innenraum mit einer solchen „smile-by-eGo-Maske“ sehr schnell seine Virus-tragenden Aerosole im gesamten Raum verteilen – über den Faktor Zeit! Ein Baarkeeper zum Beispiel oder eine Kellnerin in einem Restaurant. Aber auch die Bäckereiverkäuferin die pustet ihre Atemluft durch die große Öffnung direkt auf die Backwaren unter ihr. Es kam Mitte Oktober in Berchtesgaden schlagartig zu einem deutlichen Anstieg der Covid19-positiv Getesteten, die 7-Tages-Inzidenz stieg auf über 300/100.000. Ich glaube, das hatte dort auch mit dem dort flächenhaften Einsatz der unwirksamen „smile-by-eGo-Masken“ zu tun. Jedenfalls wurde ein Lockdown gemacht, inclusive Schulschließungen, und die Zahlen gingen wieder herunter!  

Eine Woche vor den Bayerischen Herbstferien, Ende Oktober, wurde vom Bayerischen Kultusministerium allen Schulen in Bayern die „smile-by-eGo-Maske“ erlaubt, ja gar empfohlen für den Einsatz von Lehrern, aber auch ErzieherInnen.

Das Ergebnis: Nach den Herbstferien, Anfang November trugen noch viel mehr LehrerInnen und SchülerInnen diese unwirksamen „smile-by-eGo-Masken“ in den Klassenzimmern! Die Verbreitung dieser „Masken“ nimmt rasant zu – überall im öffentlichen Leben, von Bad Tölz über Rosenheim bis Traunstein und Berchtesgaden. Und jetzt kommen zwei Faktoren zusammen, die für die Ausbreitung des Coronavirus essenziell wichtig sind: 

  1. Die Schüler sind jetzt hauptsächlich drinnen in ihren Klassenzimmern, zu 25/32 SchülerInnen im Raum. Abstand halten unter diesen Bedingungen praktisch nicht möglich!
  2. Manche Lehrer und Schüler mit „smile-by-eGo-Maske“ können so ihre Aerosole sehr rasch im ganzen Klassenzimmer verteilen. 
  3. Selbstverständlich gilt das auch für ErzieherInnen in Gruppenräumen von Kitas.

Das Ergebnis: Seit dem Schulbeginn nach den Herbstferien in Bayern haben Coronaviren optimale Ausbreitungsbedingungen in den Klassenzimmern, denn Lüften ist nur teilweise wirksam, besonders wenn es draußen sehr kalt ist und nach Dauerlüften die Luft im Klassenzimmer auch kalt, dann ist kaum Luftbewegung da. (Das ist Physik)
Durch das zumindest in Bayern (andere Bundesländer haben ähnliche Faceshields verboten) noch erlaubte zigtausend fache Tragen der unwirksamen und nicht filternden „smile-by-eGo-Masken“ kommt es besonders in Südostbayern (dort werden besonders viele dieser „Masken“ getragen, durch die Gastronomie vermutlich und weil die Herstellerfirma dort ist) zu einem anhaltenden deutlichen Anstieg der Infektionsfälle bei SchülerInnen und LehrerInnen mit SARS-Cov2! Die Kita-Kinder werden traditionell von vielen Kinderärzten LEIDER gar nicht auf Corona getestet, fallen also jetzt noch nicht so ins Gewicht. Wohl aber zeigt sich ein deutlicher Anstieg der ErzieherInnen!  

Die Infektionszahlen bei Kindern steigt weiterhin drastisch an – weil die Kinder (zumindest die Schulkinder mit aufsteigendem Alter) jetzt auch endlich mehr getestet werden. Viele KinderärztInnen testen leider die kleineren Kita-Kinder so gut wie gar nicht, deswegen tauchen sie in Statistiken noch wenig auf. Aber es zeigt sich schon jetzt sehr deutlich: 
Infektionen mit SARS-Cov2 bei Schulkindern sprießen flächendeckend wie Pilze aus dem Boden! In Bayern wird dies durch den zigtausend fachen Einsatz von filter- und wirklosen Plastikmasken noch verstärkt!  

Kinder können so ihre Eltern, Großeltern und andere Risikopersonen in ihren Familen anstecken!!! 

Auch ich bin eine Hochrisikoperson. Im Januar 2020 habe ich erst eine schwere Lungenembolie überlebt und lag schon einmal auf Intensivstation. Meine Lunge ist vorbelastet. Mein Mann und Papa unserer Tochter ist 60 Jahre alt. In 12 Tagen habe ich einen schweren neurochirurgischen Eingriff vor mir, der nicht aufschiebbar ist und für den auch ein Intensivbett nötig ist… 

Ich habe ANGST! In meiner Praxis schütze ich mich so gut es geht mit FFP2-Masken und Schutzkleidung. Aber unsere Tochter besucht ein Gymnasium, in dem viele LehrerInnen und SchülerInnen die unwirksame „smile-by-eGo-Maske“ tragen. Trotz Bitten und Aufklärung darüber. Von Masken-kritischen Eltern werden diese Plastikmasken besonders gern ihren Kindern gegeben. Mann kann gut atmen – aber sie schützen auch nicht… 

Bitte, sehr verehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, liebe Frau Bundeskanzlerin: Verstehen Sie doch endlich, dass die Schulen und Kitas in ihrer momentanen Form NICHT SICHER sind!! Bitte handeln Sie und teilen Sie die Klassengröße, ordnen Sie Hybridunterricht an! Verordnen und bezahlen Sie den LehrerInnen FFP2 Masken, verpflichtend, denn nur die schützen ausreichend! 

Und bitte, Herr Söder: Verbieten Sie endlich diese weit verbreiteten „smile-by-eGo-Masken“ in Bayern, das ist ein Riesenproblem und trägt mit dazu bei, dass sich die Infektionen in den Schulen so rasant ausbreiten und ohne Maßnahmen dagegen noch viel weiter ausbreiten werden! 

Bitte machen Sie die Schulen SICHER!!! Haben Sie auch einen Fokus auf die Kinder! Und zwar aller Altersgruppen!! Es wird sich zeigen, dass die Kinder eine große Rolle spielen in der Verbreitung von SARS-Cov2! 

Dies schreibt Ihnen eine Kinderärztin, die in großer Sorge ist, sich selbst anzustecken, auch weil ihre Tochter eine Schule besucht, in der Infektionen auftreten und unwirksame Plastikmasken getragen werden dürfen!   

Ich weiß, Sie alle wollen das Beste für unser Land, für die BürgerInnen und Kinder! BITTE HANDELN SIE, BEVOR ES ZU SPÄT IST!! 

Ich mache, trotz aller Krankheit, meine Arbeit, nehme weiterhin jeden Tag Abstriche bei Kindern – großen und kleinen! 

Mit freundlichen Grüßen, 
Dr. Nina Schoetzau
83714 Miesbach
#KinderdocNina