Das Schulsystem verstehen

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  • Das Kultusministerium ist für die Planung und die Organisation des Schulsystems zuständig. Es gibt den Rahmen, die Strukturen und die Unterrichtsinhalte vor. In jedem Bundesland gibt es ein eigenes Schulgesetzt, da Schulen in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt werden. Schulen sind Ländersache.
  • Die Position zwischen den Schulen und dem Kultusministerium nehmen die Schulämter und Bezirksregierungen ein. In jedem Bundesland heißen diese Behörden leicht unterschiedlich. In Niedersachsen ist es die Landesschulbehörde.
  • Sehr häufig sind die Kommunen oder Landkreise die Schulträger. Der Schulträger stellt die Räumlichkeiten und übernimmt die Unterhaltung und Verwaltung der Schulen.

Neben dem Schulrecht, das in jedem Bundesland sehr unterschiedlich ausgestaltet ist, arbeiten die Kultusministerien mit Erlassen oder Anordnungen. Behörden können durch Erlasse Vorgaben gegenüber nachgeordneten Dienststellen anordnen. Die nachgeordneten Dienststellen, müssen sich an die Vorgaben in den Erlassen halten. Oben steht also das Kultusministerium, darunter die Schulbehörde, die sich an die Erlasse halten muss, darunter die Schulen, die sich an die Erlasse halten müssen und unten stehen die Lehrer, die sich auch an die Erlasse halten müssen. Die rechtliche Beratung für Schulen leistet die Schulbehörde. In Niedersachsen arbeiten ca. 1.000 Personen in der Schulbehörde. Rechtsverbindliche Entscheidungen kommen deshalb häufig nicht direkt von der Schule sondern vom Schulamt. Erlasse regeln in diesem System, was Schulen selbst entscheiden dürfen und wann die Schulbehörde einzuschalten ist. Beispiel aus Niedersachsen aus dem Runderlass vom 1.12.2016: Schul-Befreiung bis zu 3 Monate können alleine durch die Schulleitung entschieden werden, darüberhinausgehende Befreiungen sind von der Landesschulbehörde zu genehmigen.

Soweit zum System, wie es zu Vorgaben kommt, an die sich alle im Schulsystem halten müssen.

Ein nächster wichtiger Punkt ist die Meinungsfreiheit im Schulsystem. Die Meinungsfreiheit bei Beamten ist stark eingeschränkt. Jede untergeordnete Stelle ist zur Loyalität ihres Dienstherren verpflichtet. Das bedeutet, dass man die Vorgaben der übergeordneten Stelle nicht derart in Frage stellen darf, so dass der Eindruck entstehen könnte, dass man dienstlichen Anweisungen unter Umständen nicht Folge leisten würde.

Bei öffentlicher Kritik schaltet sich sehr schnell der Behördenapparat ein und erwirkt häufig, dass die Kritik nicht mehr geäußert werden darf.  Es können Anweisungen, Disziplinarverfahren und Suspendierung folgen.

Beispiele aus der Corona-Krise:

Wenn man das System verstanden hat, kann man sich folgende Geschichte ausdenken.

Man beantragt am 24.8.2020 die Befreiung vom Präsenzunterricht für den Sohn an einer Grundschule für das 1. Halbjahr (6 Monate). Am 26.8.2020 kommt die Zusage für die Befreiung und der Hinweis, dass der Vorgang mit der Landesschulbehörde so abgestimmt ist. Am 3.9.2020 verschickt das Kultusministerium einen Erlass, in dem geregelt ist, wie mit Schulbefreiungen während der Corona-Krise umzugehen ist. Nun ist eine Befreiung nur noch möglich, wenn das Gesundheitsamt eine Maßnahme auf Grund eines positiven Falls an der Schule veranlasst hat. Bis der Erlass bei der Schule angekommen ist und die Schulleitung sich kümmern kann, vergehen einige Tage. Am 23.9.2020 kommt dann von der Schulleitung die Mitteilung, dass unser bereits erteilter Antrag auf die Befreiung vom Präsenzunterricht abgelehnt werden muss und unser Sohn wieder zur Schule gehen muss. Es gibt neue Vorgaben und wir erfüllen mit unserem Antrag nicht alle Vorgaben. Zur Klärung des Sachverhaltes (genehmigter oder nicht genehmigter Antrag) führt man ein persönliches Gespräch mit der Schulleitung. Das Ergebnis des Gesprächs ist, dass man sich an die Schulbehörde wenden muss, da diese für Rechtsfragen an der Schule zuständig ist. Am 22.10.2020 wird eine neue Version des Erlasses vom Kultusministerium verschickt, in der es nun wieder möglich ist, Grundschüler vom Präsenzunterricht zu befreien. Die Schulleitung kann nun also unseren Antrag vom 24.8.2020 wieder genehmigen.

Achso, die Geschichte war nicht ausgedacht.

Zwei Dinge werden deutlich

  1. Entscheidungen beim System Schule werden durch Vorgaben abgesichert. Das was der Dienstherr vorgibt gilt und eine persönliche Beurteilung der Situation spielt keine Rolle.
  2.  Die Klassenlehrerin meines Sohnes, die ihn von allen am besten persönlich kennt und gut Einschätzen kann, wie das Lernen zu Hause klappt, ist an keiner Stelle in dem Entscheideungsprozess beteiligt.