Ein situativer Exkurs zum Thema “Kinderrechte”

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Seit der Rücknahme der Vorbehaltserklärung im Jahr 2010 ist das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (in Folge „Kinderrechtskonvention“) in vollem Umfang rechtsgültiger Bestandteil des deutschen Rechtssystems (BVerfG, 05.07.2013, Az. 2 BvR 708/12, Rn. 21).

Die in der Kinderrechtskonvention verbriefte Rechte gelten für alle Menschen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Art. 1 KRK) “unabhängig von der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, einer Behinderung, der Geburt oder des sonstigen Status des Kindes, seiner Eltern oder seines Vormunds.” (Art. 2 KRK).

Kernprinzip der Kinderrechtskonvention ist die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls.

„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist“ (Art. 3 Abs. 1 KRK).

Besonders hervorheben möchten wir die Tatsache, dass vom Wohl „des Kindes“ die Rede ist und nicht „der Kinder“. Somit verbietet sich die bisherige politische Vorgehensweise, die auf der Suche nach (meistens kostengünstigeren) Pauschallösungen „zum Wohle der Kinder“ konzentriert ist.

Das Kindeswohl ist individuell und strebt das Optimum für das jeweilige Kind an.

Eine Auslegung des Kindeswohlprinzips, das sich nach Mindestbedingungen oder nach allgemein geltenden Vorstellungen richtet, ist nicht zulässig (1). Stattdessen bedarf es der tieferen und breitere Auseinandersetzung mit der Sicht, dem Willen (Art. 12 KRK), der Realität und Lebenslage des Kindes und seiner Familie.

Leitlinien für diesen Prozess liefert der 14. Kommentar des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes von 2013 (2), auf das wir an dieser Stelle verweisen.

Außer der bereits erwähnten Bedeutung der Sicht und des Willens des Kindes oder dessen rechtlicher Vertreter, möchten wir aus dem genannten Kommentar folgende Aspekte ausdrücklich unterstreichen:

  • Das größtmögliche Bestreben, die Familieneinheit zu wahren gem. Art.5, Art. 9, Art. 18 und Art. 20 KRK.
  • Das Recht des Kindes auf Schutz und Fürsorge nach Art. 19 und Art. 32-39 KRK.
  • Das Recht des Kindes auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit nach Art. 24 KRK.
  • Das Recht des Kindes auf Erziehung und Ausbildung gem. Art. 18 und Art. 28 KRK.

Mit Blick auf die anstehende Revision des Infektionsschutzgesetzes erscheint uns an dieser Stelle angebracht die Inhalte von Art. 24 KRK besonders zu betonen:

Abs. 1: “Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit […]

Abs. 2: “Die Vertragsstaaten bemühen sich, die volle Verwirklichung dieses Rechts sicherzustellen […], und treffen insbesondere geeignete Maßnahmen, um […] Krankheiten […] zu bekämpfen.”

Anerkannten Wissenschaftlern aus allen Disziplinen liefern seit Monaten die nötigen Erkenntnisse, um die Pandemie auch im Sinne des Kindes und seiner Familie bewältigen zu können.

Es ist jetzt Aufgabe der Politik auf diese Erkenntnisse zurückzugreifen und sie in wirksame Beschlüsse zu transferieren.


(1) Schmahl, Stefanie: Kinderrechtskonvention mit Zusatzprotokollen. Handkommentar, 2. Aufl. 2017

(2) Committee on the Rights of the Children: General comment No. 14 (2013) on the right of the child to have his or her best interests taken as a primary consideration (art.3, para. 1), UN-Doc. CRC/C/GC/14.

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